Törnbericht - Mit dem Jollenkreuzer nach Rügen

[29.12.2022, Andreas]

Der Sommerurlaub mit unserem 20er Stahljollenkreuzer stellt in unserer Planung immer einen Höhepunkt dar. Unsere bisherigen Fahrten zur Müritz und zum Werbellinsee waren stets von Erholung, Entschleunigung und neuen Bekanntschaften geprägt. 

Dennoch wuchs in mir seit dem Bootskauf der Wunsch, auch Küstengewässer zu besegeln. Vor allem da Kalle, der Voreigner, mir einige Geschichten davon erzählt hat. Am einprägsamsten war die, wo sie auf dem Haff von Starkwind überrascht wurden und bei stark verminderter Sicht nur noch mit Kompass Kurs halten konnten. Dazu kam eine unangenehme Welle, die das Reffen der Segel unmöglich machte.

Das ist diese Art von Geschichte, die mir (und wahrscheinlich in jedem Segler ohne Kiel) Respekt und Neugier zugleich auslöst. Also informierte ich mich innerhalb der Vereine über schöne Buchten, nette Häfen und Einkaufsmöglichkeiten entlang des Weges und begann, zusätzliche Sicherheitsausrüstung zu kaufen. Darunter:

  • Seenotfackeln, für den Fall der Fälle,
  • Radarreflektor, damit uns die Küstenmotorschiffe (Kümo) auch „sehen“,
  • etwas Ankerkette und einen Ankerball sowie eine 
  • Handlenzpumpe, weil die Plicht nicht selbstlenzend ist.

Da an der Küste tendenziell mehr Wind herrscht, habe ich unsere Segelgarnitur noch um eine gebrauchte Sturmfock von Ebay und letztlich zusätzliches Kartenmaterial erweitert.

Auf unsere Ziele konnten wir uns schnell einigen. Die Kinder wollten unbedingt zur Ostsee, wobei Baden und am Strand liegen die Hauptforderungen darstellten. Anja wollte auf den Rügemarkt nach Thiessow und ich wollte schon immer mal nach Zempin. Um den Urlaubstörn so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten wollten wir die Oder mit dem Strom abfahren und auf dem Rückweg die Westoder, also den strömungsbefreiten Kanal, nehmen.

Freitag, 16, Juli 2021 – von Potsdam nach Potsdam (Tiefer See)

Los ging es Freitagabend. Da wir die Woche über schon alle Sachen, Werkzeug, haltbare Nahrungsmittel und Getränke an Bord gebunkert haben, mussten wir nur noch das frische Essen verstauen und schon waren wir abfahrbereit. Zumindest unsere Kinder. Anja und ich hielten noch einen 'kleinen' 2h Plausch mit Peter und Acki. Als wir dann ablegten und den "Tiefen See" erreicht hatten, gab‘s auch schon den ersten großen Regenguss. Somit war die erste Ankerstelle, vor dem Schlosspark Babelsberg, gesetzt. Ich baute die Kuchenbude auf und die Jungs nutzten die Chance gleich nochmal zum Baden. Der Urlaub hat begonnen.

Samstag, 17. Juli 2021 – von Potsdam (Tiefer See) nach Oderberg

Um 4:30 Uhr werde ich wach. Der Morgen dämmert bereits. Ich schleiche mich aus der Kajüte, verdecke den Niedergang um der "Crew" noch etwas Ruhe zu gönnen, wische das restliche Regenwasser aus der Plicht und starte unseren 8 PS starken 2-Takt Außenborder. Anker hoch und ab geht’s in Richtung Oder. Wir sind früh an der Spandauer Schleuse. Dort und auch an der folgenden Lehnitzer Schleuse müssen wir nicht lange warten. Na dass läuft ja. Entlang des Oder-Havel-Kanals motort es sich relativ monoton lang hin. Wir lassen die Abfahrten zur Müritz als auch zum Werbellinsee links liegen. Innerlich hatte ich noch kurz überlegt, doch noch abzubiegen, da dort bereits Freunde Urlaub machen. Aber nein, das Ziel heißt Rügen/Ostsee.

Für heute steht nur noch das Schiffshebewerk Niederfinow auf meiner "to-do-Liste". Bei der Ansteuerung bemerke ich, dass sie gerade geschleust hat und der Passagierdampfer, der dort regelmäßig hoch- und runterfährt, für eine erneute Einfahrt wendet. Ich gebe „Vollgas“ um auch noch mit einfahren zu können und schaffe es tatsächlich noch mit rein in den Trog.

Der Oder-Havel-Kanal ist auf dem weiteren Weg natürlich und kaum begradigt. Das macht das Motoren abwechslungsreicher und angenehmer. In Oderberg angekommen machen wir für die Nacht fest und vertreten uns die Beine mit einem Spaziergang durch den Ort. Leider haben die Restaurants ab 18 Uhr bereits geschlossen. Schade.

Sonntag, 18. Juli 2021 – von Oderberg nach Stettin

Ich habe schlecht geschlafen. Die halbe Nacht habe ich wach gelegen und mir vorgestellt, wie ich mit unserem kleinen Außenborder auf einem „strömenden Fluß“ im Notfall navigiere.

Nach dem Frühstück erkundige ich mich beim Schleusenwerter nach dem Wasserstand. Die Oder führt ca. 1m. Das passt für uns. Ich hole das Schwert etwas hoch und belege den Niederhalter vom Ruderblatt an die extra hierfür gekaufte Klemme, welche bei zu viel Druck auslöst und das Ruder aufschwimmen lässt, um Schäden zu vermeiden.

Sicherheitshalber mussten die Jungs Schwimmwesten anziehen und den Anker klar machen, falls es doch mal schnell gehen muss und der Motor versagt oder es zu einer Havarie kommt oder die Welt explodieren sollte, oder oder oder...

Als wir auf die Strömungsoder auffahren orientieren wir uns anfangs noch alle gemeinsam an den gelben Kreuzen, die die Fahrrinnenseite kennzeichnen. Sie wechseln mit dem Flusslauf immer mal auf die rechte oder linke Uferseite. Dann kehrt Gelassenheit ein, denn die Strömungsgeschwindigkeit beträgt nicht (die befürchteten) 5 sondern lediglich ca. 2 Knoten.

Nach 6h Fahrt erreichen wir Stettin und machein in einer Box im dortigen Segelverein fest, stellen den Mast und gehen Essen. Den Abend lassen wir in der Plicht mit einem Glas Rotwein ausklingen. Hierfür hat sich die Anschaffung eines übergroßen Mückennetzes gelohnt. Ich werfe es über die Kuchenbude und die saugenden Spielverderber bleiben draussen und zwingen uns nicht, frühzeitig den Abend unter Deck verbringen zu müssen.

Montag, 19.Juli 2021 – von Stettin nach Ziegenort

Heute wollen wir weiter nach Ziegenort. Allerdings will ich vorher noch etwas Benzin bunkern. Beim Warten auf den Tankwart direkt am Hafen komme ich mit einem anderen Segler ins Gespräch. Sein Schlüssel ist im Zündschloss abgebrochen und nun wartet er auf einen Techniker, der dies reparieren kann. Während wir uns unterhalten merkte ich, dass mir seine Stimme recht vertraut ist. Es stellte sich raus, dass er Synchronsprecher von Beruf ist. Daher bekam er von unseren Kindern den Spitznamen „Captain Rex“ (aus Star Wars - the Clone Wars).

Während wir dann später unter Segeln Richtung Ziegenort unterwegs sind, kommen uns hinter dem Dammschen See die ersten großen KüMos entgegen. Sie wirken wie schwimmende Hochhäuser. Unser 2t Stahljollenkreuzer ist daneben eine Feder. Die Heckwellen der Hochhäuser sind gute 1,5m hoch. Da Jollenkreuzer wie Korken auf dem Wasser schwimmen und nicht „durch die Welle“ fahren wie Kielboote, machen wir bei jedem Wellental einen „Bauchklatscher“. Dabei lenkt unser Bug das Wasser schön zu den Seiten ab. Dank des nachlassenden Windes bleiben wir hinten in der Plicht schön trocken. Mittlerweile stehe ich beim Steuern ganz hinten und spüre die Vibrationen des Bodenbrettes, welche nach jeder harten Landung das Boot wieeiner Stimmgabel das Boot auftreten. 

Wir „platschen“ so munter und erstaunt von all den großen Schiffen immer weiter gegen die Welle in Richtung Ziegenort voran und finden einen Anlegeplatz am Kopfsteg. Nach der Anmeldung gehen wir Essen und uns den Ort anschauen sowie noch frische Nahrungsmittel kaufen. Am Hafen treffen wir nochmal „Captain Rex“. Wir prüfen gemeinsam den Wetterbericht und verabreden morgen nach Mönkebude weiter zu segeln.

Dienstag, 20. Juli 2021 - Hafentag

Es ist meine Vorfreude die mich nicht ausschlafend lässt. Um 5 Uhr habe ich alles zum Ablegen vorbereitet. Ich lasse die Kinder schlafen, löse die Festmacher, drücke das Boot vorsichtig seitlich ab, werfe dann den Außenborder an und motore langsam und so leise wie möglich aus dem Hafen in Richtung Haff. Mein Plan war, so wie bisher auch in unseren 'unbekümmerten' Binnen-Segel-Urlauben, erstmal abzulegen und dann auf dem See, die Schoten anzuschlagen, die Segel zu setzen und los zu segeln. Als dann der Bug in das erste große Wellental eingetaucht ist, hat sich dieser Plan spontan in nichts aufgelöst.

Die Kinder wurden quasi im „fallen wach“ und krabbelten aus der Kajüte in die Plicht. Der Außenborder hebte sich nach jeder Welle lautstark aus dem Wasser. Ich schnappte mir die Fockschot und wollte sie vorne am Segel anbinden. Moritz hielt uns derweilen im Wind, von wo auch der Seegang permanent auf uns zurollte. Ich kam bis zum Maststuhl und merkte dort, dass ein Arbeiten an der Fock mit beiden Händen ohne Seezaun bei diesen Wellen nicht möglich ist. Da ich nicht auf ein MOB-Manöver bei diesen Wellen erpicht war, warf ich die Schot wieder zurück in die Plicht, hangelte mich am Handlauf der Kajüte zurück und steuerte wieder den Hafen an.

Beim Rückweg ging die Sonne auf. Wir machten am gleichen Platz wieder fest. Überall waren die Boote noch verschlossen. Alles schien zu schlafen. Auf diese Enttäuschung wollten wir uns auch nochmal in die Koje legen, merkten aber, dass die Welle durch den kleinen vorderen Schlitz am Schwertkasten alle Matratzen durchnässt hat. So hieß es Betten abziehen und zum Trocknen aufhängen.

Den Rest des Tages musste ich das erlebte erstmal verarbeiten. Wir gingen an den Strand baden. Es hatten zwar noch alle ihren Spaß, allerdings hat mich dieses Erlebnis permanent beschäftigt. Die Tatsache sich bei (fast normalen) Seegang auf dem Boot nicht so wie gewohnt bewegen zu können, ließ mir keine Ruhe. Ein Jollenkreuzer ist eben nicht „von Natur aus“ hierfür gemacht. Es fehlen die Sicherheitsmechanismen seegängiger Schiffe. Um eventuelle Probleme auf dem Haff vorzubeugen, wechselte ich noch am Nachmittag mit Moritz das Vorsegel. Wir schlugen die Sturmfock an. Falls hier was schiefläuft muss während des Segelns niemand nach vorne um das Tuch eventuell zu bergen. Ich erhalte noch eine paar aufmunternde Nachrichten auf meinen WhatsApp Status bzgl. des ersten gescheiterten Versuchs (an dieser Stelle danke an Marco ;c). Wir genießen nochmal abends das leckere Fischrestaurant unweit des Hafens.

Mittwoch, 21. Juli 2021 – von Ziegenort nach Südspitze Gnitz (Achterwasser)

Im zweiten Anlauf wollte ich es diesmal besser machen. Wir frühstückten ordentlich vor dem Ablegen. Ich machte eine wasserdichte Tasche mit den Handys, Geldbörsen und Notfakeln startklar und legte sie griffbereit in die Plicht. Die Jungs klebten den Schwerkasten mit Tape ab, damit die Betten trocken bleiben. Ich habe alle Schoten vorher angeschlagen und vorsorglich eine Schleppleine angebracht und sie bis in die Plicht gelegt, um sie im Notfall von dort aus auch übergeben zu können. Alle haben Westen an und sitzen (für einen "Seegang optimierten" Gewichtstrimm) hinten in der Plicht. Los geht’s.

Nach dem Ablegen lässt die Welle nicht lange auf sich warten. Ich gehe zum Maststuhl und setze das Groß im ersten Reff. Dann rollen wir die Fock aus. Nicht gerade sehr schnell aber zumindest mit einem sicheren Gefühl. Ziel ist erstmal NeuWarp. Als wir daran vorbei sind und der Wind einschläft, werfe ich den Außenborder an. Wir bleiben ziemlich mittig auf dem Haff und steuern weiter in Richtung Achterwasser. Wir sind motiviert und sehen schon die alte Hubbrücke von Karnin am Horizont. Allerdings sind die Entfernungen hier oben 'etwas weiter' als vom Binnensgeln gewohnt. Die Hubbrücke war gefühlt nach zwei Stunden immer noch gleich „klein“ am Horizont. Es zog sich. Nach drei Stunden kam dann wieder Wind. Diesmal stärker und direkt aus West, sodass wir zwar wieder segeln konnten, aber gegen an Kreuzen mussten.

Dabei kamen wir drei oder vier Mal den Fischerreusen sehr nah. Bei Welle sieht man diese schwarzen kleinen Fähnchen so gut wie gar nicht und so mussten wir die ein oder andere Wende auch mal überstürzt durchführen.

Im Peenestrom hat sich der „Seegang“ auf die gewohnte Binnenwelle reduziert. Wir refften das Großsegel aus und segelten noch bis zum Achterwasser. Dort warfen wir an der Südspitze von Gnitz den Anker und belohnten uns mit erneutem Baden.

Donnerstag, 22.Juli 2021 – von Südspitze Gnitz (Achterwasser) nach Thiessow (Rügen)

Los geht’s nach Rügen. Ich krabble früh aus meiner Koje. Diesmal ist das typische Binnensegeln wieder möglich. Es gibt zwar Wind, aber keinen „Welle“. Ich hole den Anker ein und segle bis zur nächsten Brücke. Da wir nicht warten wollen bis sie sich öffnet, lege ich den Mast und wir motoren durch. In Peenemünde biegen wir noch kurz ab, um uns das dort ausgestellte U-Boot anzuschauen.Dann fahren wir weiter auf den Greifswalder Bodden. Endlich Ostsee. Der West-Wind ist angenehm und die Welle so gut wie nicht vorhanden. Ich überlege hier ohne Reff die Überfahrt nach Rügen zu wagen. Anja erinnert mich an den „Fehlstart“ von vor 2 Tagen. Also doch erstes Reff rein und weiter geht’s. Sie sollte Recht behalten. Ziemlich mittig auf dem Bodden haben wir so viel schützendes Ufer hinter uns gelassen, dass es wieder auf und abging. Nur diesmal auf einem Halbwindkurs mit Wellen von der Seite. Das ganze Geschaukel hat es schwer gemacht, die Untiefen- und Fahrwassertonnen zu erkennen. Alle mussten helfen und Ausguck halten. Marius hatte die erste Tonne erspäht.

Es wurde erst wieder ruhiger als wir die Ansteuerungstonne von Thiessow passiert hatten und abfallen konnten. Mit Wind und Wellen von achtern kam die Ruhe wieder zurück ins Boot. Ich wollte Anja eine Freude machen und die Ankunft etwas beschleunigen (heute ist Rügenmarkt in Thiessow). Also reffte ich das Großsegel aus. Dabei hat sich die Dirk irgendwie verklemmt, sodass ich das ganze Segel bergen musste. Schließlich waren wir so nah dran, da rollte ich die Fock auch weg und warf den Motor an. Hätte ich gewusst das Marc Bilder macht, hätte ich die Segel oben gelassen. :c)

Von nun an beginnt der Badeurlaub. Vielen Dank an die Gastfreundschaft von Peggy und Marc + Familie.  ;)

Mittwoch, 28. Juli 2021 – von Thiessow nach Lieper Winkel (Achterwasser)

Viel Wind aus SW war für die kommenden Tage angesagt. Er soll ab Mittag einsetzen. Daher machten wir uns früh um acht Uhr auf den Rückweg. Raus ging es unter Motor. Bis zur Fahrwassertonne kam die Welle und der Wind direkt von vorn. Anschließend sind wir abgefallen und nur mit Fock und halben Wind über den Bodden zurück nach Peenemünde gesegelt. Im Windschatten suchten wir uns eine gemütliche Bucht zum Ankern und Frühstücken. Von dort sind wir zurück zum Achterwasser gesegelt. Im geschützten Peenestrom bzw. Achterwassers fühlt man sich als Jollensegler gleich etwas geborgener. Es ist ein bisschen wie auf der Müritz, nur eben noch größer und bei weitem leerer. An den Ufern finden sich ausreichend Liegeplätze und menschenleere Strände. Der einzige Wermutstropfen hier ist das doch trübe Brackwasser im Vergleich zur sehr klaren mecklenburgischen Seenplatte.

Wir ankerten noch in einer geschützten Bucht bevor uns die aufziehende Regenfront erreichen konnte. Mit dem Regen nahm dann auch der Wind zu.

Donnerstag, 29. Juli 2021 – von Lieper Winkel (Achterwasser) nach Zempin

Da der starke Wind aus SW bleiben sollte, suchten wir nach einem windschattigen Plätzchen für die nächsten Tage. Wir fanden diesen auf der Nordseite von Usedom. Moment mal, da ist ja die Ostsee. Korrekt. Wir liefen mit ganzen 6,2 Knoten nur unter Sturmfock mit Raumschots Zempin an. Dort gibt es einen kleinen und flachen Vereinshafen, welcher zwar etwas Wellenschutz bietet, aber sonst mitten im vorhergesagten Wind liegt. Daher war das Anlegen auch etwas herausfordernd. Es gab zwar auf der Kopfstegseite Tonnen an denen man sich festmachen konnte, allerdings war der Wind so stark, das ich sicherheitshalber noch 2 Anker zusätzlich ausgeworfen habe. Nach dem Aufklarieren und Anmelden ging es dann in Richtung Norden über die Straße und ab zum Strand. Im Schutze des Waldes war die nördliche Inselseite herrlich ruhig und (dank des FKK Abschnittes) auch sehr verlassen.

Sonntag, 1. August 2021 – von Zempin nach Jamitzow (Achterwasser)

Ab jetzt beginnt der Rückweg. Bei mir ist das immer ein komisches Gefühl (irgendwas zwischen Heimweh und noch nicht nach Hause wollend). Nach dem Frühstück bunkerten wir Frischwasser und legten in Richtung Stettiner Haff ab. Auf wem Weg wetterten wir noch eine starke Regenfront ab. Abends segelten wir dann so weit in Richtung Haff wie wir konnten und ankerten (mit Einbruch der Dämmerung) abseits der Fahrrinne. Ich überprüfte die Wettervorhersage. Es soll morgen Nachmittag aus Süden wieder Wind mit 7 Bft kommen. Das bedeutet also wieder Welle bis zum abwinken. Daher werden wir wieder früh starten und schauen wie weit wir kommen.

Montag, 2. August 2021 – von Jamitzow (Achterwasser) nach Mönkebude

Auf mein urlaubseitiges „Frühaufstehen“ ist Verlass. Ich fahre erstmal unter Motor zur letzten Hubbrücke. Als ich sie erreiche will ich wie gewohnt den Mast legen, doch da schaltet die Ampel der Klappbrücke schon auf grün. Manchmal muss man auch Glück haben. Sie klappt nach oben und wir können stehenden Mastes passieren. Wenn‘s läuft dann läuft’s. Es schlafen noch alle. Also rolle ich nur die Fock aus segel entspannt dem Haff eintgegen. Als Moritz wach wird hilft er mir beim setzen des Großsegels. Ich halte mich diesmal sehr südlich auf dem Haff damit der auffrischende Wind aus SW uns nicht wieder mit ordentlich Welle überrascht. Dabei passieren wir die eine und andere flache Stelle. Ich hole das Schwert etwas auf und versichere mich, dass der Niederhalter vom Ruderblatt auch korrekt sitzt, um auslösen zu können.

Wir erreichen mittags Mönkebude. Eigentlich wollte ich zum Abend, wenn der Wind wieder schwächer wird, weiter segeln. Ein einheimischer Segler riet mir allerdings davon ab. Ich solle doch lieber morgen früh weiterfahren. Also nutzen wir den angebrochenen Tag zum Einkaufen, Baden und Essen gehen.

Dienstag, 3. August 2021 – von Mönkebude nach Stettin (Querfahrt zur Westoder)

Es stand noch etwas Welle auf dem Haff. Wir segelten ausgeschlafen und nach dem Frühstück los. Diesmal ohne Reff im Groß. Mittlerweile habe ich mich an den Haff-typischen Seegang gewöhnt und noch mehr Vertrauen in unseren Jollenkreuzer bekommen. Wir kommen so bis nach Ziegenort. Dort werfe ich nochmal kurz den Anker raus. Wir baden ein letztes Mal im Haff. Der Wind ist nun vollständig eingeschlafen. Wir rollen das Tuch weg und motoren. In Stettin tanken wir noch einmal und ankern etwas weiter südlich, in einer Querfahrt zur Westoder.

Mittwoch, 4. August 2021 – von Stettin (Querfahrt zur Westoder) nach Oranienburg, Schleuse Lehnitz

Ich werde schon weit vor dem Morgengrauen wach, mache mir einen Kaffee und bereite alles für die Heimfahrt vor. Zurück fahren wir nun auf der Westoder. Somit zieht in den nächsten 6 Stunden ein für uns noch unbekanntes Naturprogramm an uns vorbei. Ab Oderberg wird es dann wieder etwas bekannter. Am Schiffshebewerk müssen wir diesmal etwa 45 Minuten warten. Dabei erfahren wir, dass ein Teil-Stück des noch vor uns liegenden Oder-Havel-Kanals ab 17 Uhr gesperrt werden soll.  Wir sparen uns unnötige Pausen und kommen noch vor 21 Uhr an der Schleuse Lehnitz an. In meiner Euphorie baue ich die Positionslampen an, da sich das Schleusentor öffnet. Aber leider nicht mehr für uns. Die Ampel bleibt rot und so verbringen wir unsere letzte Urlaubsnacht noch vor der Schleuse.

Donnerstag, 5. August 2021 – von Oranienburg nach Potsdam

Wir schleusen morgens gleich als erste. Ab hier ist mittlerweile alles fast schon zu sehr bekannt und wirkt sehr vertraut. Am Nieder Neuendorfer See baden wir noch einmal und ich stelle den Mast. Es kommt etwas Wind auf mit dem wir versuchen bis kurz vor Spandau zu segeln. Leider schläft er dann auch wieder ein und wir motoren zu letzten Schleuse auf unserer Tour. Der Anleger ist überfüllt, sodass wir als Päckchen uns festmachen. Andere bevorzugen es, vor der Schleuse zu kreisen. Auf dem Wannsee hüpfen wir ein letztes Mal ins Wasser um dann, 60 Minuten später, wieder im Verein anzulegen.

Fazit:

Den Oder-Havel- Kanal entlang zu motoren ist immer noch sehr spaßbefreit. Die Strömungsoder hat viele schöne Ecken. In Polen hat das Handy überall ausreichend Funkempfang. Auf dem Haff und auf dem Greifswalder Bodden kann es ganz schön schauklig werden. Es gibt im Peenestrom/Achterwasser noch viele schöne einsame Buchten und selbst ein Jollenkreuzer kann auf dem Greifswalder Bodden eine flache Stelle zum Auflaufen finden.

Mast- und Schotbruch

Die Crew von SR-292